Nachhaltigkeitsleitfaden für Krematorien

 
 
 

In den vergangenen zwanzig Jahren hat die Humankremation in Deutschland deutlich an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2020 wurden rund 75 % der Verstorbenen – etwa 735.000 der insgesamt 982.489 gestorbenen Menschen – in rund 160 Feuerbestattungsanlagen eingeäschert. Während die Einäscherung bis Ende der 1990er Jahre fast ausschließlich in kommunalen Krematorien stattfand, wird heute etwa die Hälfte der deutschen Krematorien privat betrieben.

Ein Blick hinter die Kulissen offenbart ein anderes Bild: Viele Krematorien verfehlen selbst die seit zwanzig Jahren problemlos einhaltbaren Grenzwerte der 27. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV), obwohl diese mit moderner Technik und effizienter Betriebsführung mühelos unterschritten werden könnten. Diese Grenzwerte gelten längst als veraltet und wenig ambitioniert. Dennoch bleiben Verstöße meist ohne Konsequenzen für Anlagenbetrieb oder Anlagenbetreiber/-in. Da die Genehmigung oft nur nach Baurecht erfolgt und die zuständigen Aufsichtsbehörden häufig überfordert sind, ist eine Verbesserung dieser Situation kaum zu erwarten.

Neu errichtete Krematorien entsprechen im Gegensatz zu vielen veralteten kommunalen Anlagen sowie billig errichteten privaten Kleinanlagen in der Regel dem aktuellen Stand der Technik. Sie unterschreiten die gesetzlichen Grenzwerte oft um ein Vielfaches. Dies ist nicht nur auf den technologischen Fortschritt in der Kremations- und Rauchgasreinigungstechnik der letzten zwanzig Jahre zurückzuführen, sondern auch auf den hohen Anspruch privater Betreiber/-innen an Umweltschutz, Pietät und Würde. Diese Qualitätsstandards sollten in allen deutschen Krematorien zur Norm werden.

Die anhaltend wachsende Nachfrage nach Feuerbestattungen als Alternative zur Erdbestattung wird in den kommenden Jahren zu einer weiteren Zunahme der Einäscherungen führen. Selbst bei einer deutlichen Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen kann diese steigende Nachfrage mit den bestehenden Anlagen bewältigt werden.

Und dennoch: Trotz des seit Jahren anhaltenden Trends zur Feuerbestattung wurden viele Krematorien weder an den aktuellen Stand der Technik angepasst noch halten sie die vorgeschriebenen Grenzwerte ein. Zudem bleiben die Potenziale zur Energieeinsparung weitgehend ungenutzt, sodass weder ein klimaverträglicher Umgang mit Treibhausgasemissionen noch ein nachhaltiger Einsatz begrenzter fossiler Ressourcen gewährleistet ist.

Der geplante Neubau moderner Feuerbestattungsanlagen stößt in der betroffenen Bevölkerung regelmäßig auf berechtigte und kritische Nachfragen – insbesondere zu möglichen Emissionen von Quecksilber, Dioxinen, Furanen und anderen Schadstoffen, die während der Einäscherung freigesetzt werden könnten. Die häufig mangelhafte umweltgerechte Betriebsführung, unzureichende Personalqualifikation und veraltete Technik in vielen kommunalen und privaten Krematorien verschärfen die ohnehin schwierige Situation zusätzlich.

 

Nachhaltigkeitsleitfaden für Krematorien

Um den wachsenden Anforderungen an Ökologie, Wirtschaftlichkeit und soziale Verantwortung gerecht zu werden, hat Wetando im Auftrag des Bundesverband Bestattungsbedarf e.V. für den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) einen speziellen Branchenleitfaden für Humankrematorien in Deutschland entwickelt. Er dient als praxisnahe Orientierungshilfe, um nachhaltiger zu wirtschaften, betriebliche Abläufe zu optimieren und transparent über Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu berichten. Mit diesem Leitfaden erhalten Krematorien ein wertvolles Instrument, um ihre Verantwortung für Mensch und Umwelt aktiv zu übernehmen und die Feuerbestattung in Deutschland nachhaltig zu gestalten.